412-8-106

Ein weiterer jansenistischer Zug: er geht nicht bis zum Ziel, sondern bleibt auf halbem Weg stehen, er verdient also nicht die Gnade, selbst wenn er integer ist und kein Unrecht begangen hat. Hippolyte hat jedoch einen negativen Aspekt: er ist das Abbild der negativen Moral, die darin besteht, nicht zu handeln. Dagegen ist die jansenistische Moral positiv und besteht auf dem Bemühen. Gott verabscheut die Halbherzigen, und Hippolyte ist ein Halbherziger. Gott kann nicht anders, als seine Gnade zu verweigern, selbst wenn das den Gerechtigkeitssinn verletzen muß.

412-8-105

Hier spielt der Begriff der wirksamen Gnade (»grace efficace«) mit hinein, die nach der jansenistischen Doktrin von Gott nur dann gewährt werden kann, wenn der betreffende Mensch, nachdem er sich der ihm auserkorenen Prüfung unterzogen hat, es wirklich wert ist, gerettet zu werden. Fortuna audaces juvat! Schließlich ist der Jansenismus trotz aller Streitigkeiten von dem Pelagianismus nicht so weit entfernt, der predigt, daß der Mensch sich retten kann, wenn er sich wirklich kraft seines Willens entscheidet, sich zu retten.

412-8-102

So wird sich Lederer (Gynophobie, S. 138) der Tragweite seiner Aussage nicht bewußt, wenn er sagt: »Jahrhundertelang hat die Frau gegenüber dem Mann die Rolle der Ariadne gespielt, die den >roten Faden< in den Händen hielt, an dessen Ende er das seltsame Labyrinth des Lebens erforscht; sie ist es, die ihm letztendlich den sicheren Rückweg ermöglicht.« Tatsächlich handelt es sich durchaus um einen Faden, der es gestattet, den Rückweg zu finden, der aber logischerweise jedoch den Mann daran hindert, sich zu befreien.

412-8-100

Die Tatsache, daß diese Sage aus der Sammlung von Emile Souvestre stammt, läßt sie suspekt erscheinen, denn Souvestre hatte eine stark ausgeprägte Phantasie und unterlag noch den Nachwirkungen der Romantik. Selbst wenn er die Sage umgestaltet hat, so ist sie dennoch für eine gewisse Geistesrichtung kennzeichnend und kann also in dieser Diskussion als Argument verwendet werden, jedoch mit der Einschränkung, daß sie nicht genau datiert werden kann.

412-8-99

In derselben mündlichen Fassung Campbeils wirft die von Diarmaid verstoßene Grainne ihr Auge auf einen Greis und beschließt mit ihm, Diarmaid zu töten. Grainne sticht selbst ein Messer in Diarmaids Schenkel, woraufhin dieser entflieht. Er kommt an einem anderen Tag zurück, tötet den Alten und läßt sich von Grainne das Messer aus dem Bein ziehen, denn Diarmaid wollte es nicht selbst herausziehen (L. Brueyre, op. cit., S. 170 - 171).

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