Teil III

Zur Theorie der Weiblichkeit

Wir haben die Widersprüche und Ambivalenzen der Weiblichkeit anhand einiger empirischer Strukturen charakterisiert, die teils den Bereich der materiellen Produktion und der sozialen Struktur, teils den des Bewußtseins betreffen. In bestimmten Verhaltensweisen äußern sich, diffus, unbestimmt und in regressiver Fixierung, die im weiblichen Lebenszusammenhang bestehende Bedürfnisorientierung und zugleich ein Leiden an deren Unterentwicklung. Wir haben im Ansatz versucht, dies anhand der Unzufriedenheit der Frauen, ihrer vegetativen Störungen, des »Motivs der Vermeidung von Erfolg« und der imaginativen Besetzung des Alltagslebens, der schichtspezifisch unterschiedlichen Betonung von Ordnung oder Dynamik im Alltagsleben und in der Mode darzustellen.
Entscheidend ist nun die Analyse der politischen, gesellschaftlichen Relevanz jener Elemente in der weiblichen Produktion, die den Produktivkräften zugehören.[1] Sind es Mängel? Neue Prinzipien?
Die Soziologie hat sich auf den Zusammenhang von sozialstrukturellen Variablen (Modernisierungsgrad, Schicht, Familienstruktur) mit einzelnen Bruchstücken weiblichen Bewußtseins und Verhaltens (Leistungsorientierung, Berufstätigkeit, Motiv der Vermeidung von Erfolg, Einstellungen zur Frau bzw. zum Mann) konzentriert, ohne eine Theorie über den inneren Zusammenhang dieser Elemente des weiblichen Bewußtseins und Verhaltens zu entwickeln. Dies ist (allerdings ohne Bezug auf sozialstrukturelle Ursachen) Gegenstand der psychoanalytischen Theorie der Weiblichkeit.