Die folgenden Bemerkungen zum Forschungsstand sollen einer ersten Orientierung dienen und können keine eingehende Auseinandersetzung mit der Literatur sein. Im Rahmen der konzeptionellen Entwicklung der neueren Geschichtswissenschaft in den letzten Jahrzehnten hat sich eine Forschungslücke ergeben: die Geschichte der Frauen. Das gilt allgemein, vor allem aber auch für das Frühmittelalter, für das hier der Zeitraum vom 6./7. Jahrhundert bis zum 10. Jahrhundert angenommen wird.
(* Diese Einführung ist aus intensiven Diskussionen mit den anderen Autorinnen und Autoren erwachsen.
Ihnen allen danke ich herzlich)
Forschungslücken schließen, bekannte Quellen neu lesen, unbekannte Quellen erschließen, Frauengeschichte sichtbar machen, um schließlich zu einer neuen Sicht unserer gemeinsamen, Frauen und Männer gleichermaßen umfassenden Gesellschaftsgeschichte vorzudringen: diese Postulate begleiten seit mehreren Jahren die Frauengeschichtsforschung im In- und Ausland. Erste Erfolge von Forschungsanstrengungen in dieser Richtung konnten auch inzwischen vorgelegt werden.
Der Zeitraum von Spätantike und Frühmittelalter (4.-10. Jahrhundert) scheint uns heute sehr fern zu sein. Und doch formt sich in jenen Jahrhunderten die europäische Gesellschaft des Mittelalters, in deren Kontinuität die europäischen Gesellschaften noch heute stehen. Im Frühmittelalter werden auch entscheidende Grundlagen für weibliche Existenzformen gelegt und für das Frauenbild, das heute noch immer prägend, jedoch im Wandel ist. Wir wissen über Lebenssituation und Existenzformen von Frauen im frühen Mittelalter noch viel zu wenig.