412-8-58

Es ist erstaunlich, wie richtig diese Szene auf psychologischer Ebene ist. In vielen Fällen ist nämlich das, was man die »Liebe auf den ersten Blick« nennt, nur das Wiedererkennen eines erträumten Bildes oder vielmehr seine Projektion auf den wirklichen Anblick. Daher stammt das unbestimmte Gefühl des »deja vu«, analog zu dem so häufigen Phänomen der Paramnese (oder Hypermnese), des Wiedererkennens einer unbekannten Landschaft als einer angeblich schon gesehenen oder bekannten.

412-8-57

Dieses poetische Bild findet sich nahezu unverändert im walisischen Peredur und im Perceval des Chretien de Troyes wieder, wo es sich jedoch auf die geliebte Frau von Peredur-Perceval bezieht.

412-8-56

Diese Haltung Conchobars ist nicht ohne Absicht, aber auch nicht von dem Wunsch nach Besitz beseelt. Es handelt sich um einen Glauben, der in die fernste Vorgeschichte zurückreicht: Deirdre ist vom Unglück verfolgt. Wenn die Ulates sie töten würden, würde das Unglück oder der Fluch auf sie selbst zurückfallen. Nur der König ist dank seiner Macht fähig, die Last dieses Fluches zu tragen.Dies ist der Grund, warum er nicht nur anordnet, Deirdre am Leben zu lassen, sondern sie auch von dem Kontakt mit anderen Menschen fernhält und sie für sich »reserviert« hält.

412-8-55

Diese Vorwarnungen stellen übrigens einen wirklichen geis dar, der das Schicksal Deirdres bestimmt. Man vergleiche damit eine in verschiedenen Volksmärchen ähnlich auftretende Episode: eine Fee oder ein Zauberer spricht bei der Geburt eines Kindes eine günstige Verheißung oder einen Fluch aus, der sich auf das ganze Leben des Kindes auswirkt.

412-8-54

Vgl. die eindrucksvolle Liste der geisa des Conaire, in J.M., L'Epoqèe celtique dTrlande, S. 177. Vgl. auch ibid., S. 131 - 137, die Erzählung Der Tod des Cüchulainn.

412-8-53

Dies ist offensichtlich die Fassung, die dem Tristan am nächsten steht und am ehesten mit der Logik der Geschichte übereinstimmt. Denn weshalb sollte Grainne sich mit Finn versöhnen und mit ihm leben können, nachdem sie ihren Haß gegenüber Finn und ihre Liebe zu Diarmaid so sehr gezeigt hat, daß sie sogar bereit war, auf alles zu verzichten, auf Macht, Reichtum und Ruhe!

412-8-52

Eine weitere Übereinstimmung zwischen Diarmaid und Tristan: die Heilung kommt zu spät. Und doch hatte Finn wie Yseult die Macht zu heilen. Der böse Wille Finns entspricht dem Sturm und der Flaute, die Yseult daran hindert, rechtzeitig zu erscheinen.

412-8-51

Es besteht eine Identität zwischen dem Tod Tristans, Opfer einer vergifteten Wunde, die er sich im Laufe eines Kampfes zugezogen hat, den er nicht gewollt hat, aber in den er in Folge eines wahren geis hineingezogen wurde (die Bedrohung der Ehre, ausgelöst von Tristan le Nain), auf der einen Seite und dem Tod Diarmaids auf der anderen Seite, der gegen seinen Willen zu dieser Jagd gebracht worden ist, unter dem Zwang der geisa handelte und ebenfalls das Opfer einer vergifteten Wunde ist.

412-8-50

Dies entspricht der Episode über Husdent im Wald von Morois, nach dem Tristan des Beroul: als Tristan und Yseult sich im Wald versteckt halten, entdeckt Husdent, Tristans Jagdhund, die Spur seines Herren wieder und läßt den Wald von seinem Jaulen erklingen. Tristan erwägt, den Hund zu töten, da er sie zu verraten droht. Auf Yseults Rat dressiert er Husdent zu jagen, ohne zu bellen. Selbst wenn die Umstände verschieden sind, so ist dies doch wieder ein und dasselbe Motiv und ebenfalls kein Zufall.

412-8-49

Kein irischer Text spricht von einem Verbot, wonach Finn Diarmaid nicht töten kann. Schließlich hat Diarmaid den Treueschwur gegenüber seinem König gebrochen. Aber in allen Texten liegt Finn daran, mit dem Tod Diarmaids nichts zu tun zu haben. Nach dem Tod Diarmaids geht er sogar soweit, zu behaupten, daß dieser Tod von keinem der Fiana verschuldet sei, obwohl Oengus sie dessen anklagen kann. Es scheint, daß nur die walisische Tristan-Episode eine Erklärung für diese Haltung Finns bietet. Er weiß, daß er Diarmaid nicht töten kann, ohne sein eigenes Leben aufs Spiel zu setzen.

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