412-8-28

Obwohl Tristan zunächst überhaupt nicht die Absicht hat, diesem seinem Namensvetter zu Hilfe zu kommen. Dieser bedient sich — um Tristans Entschluß zu beschleunigen — einer typisch keltischen Methode, wovon die irische Epenliteratur zahlreiche Beispiele liefert: er spielt auf einen Beinamen an, den er unseren Helden gibt, und behauptet dann, daß dieser, wenn er schon Tristan >der Liebende' heißt, sich in den Dienst aller Liebenden zu stellen habe; anderenfalls mache er seinem Namen Unehre und würde dafür verdammt werden.

412-8-26

Nach dem Tristan-Roman des Thomas. In den anderen Versionen handelt es sich um eine Grotte bzw. Höhle, welche von dem Riesen Beliagog bewacht wird, den Tristan im Zweikampf besiegt und der ihm den Treueeid geschworen hat.

412-8-24

Tristans wiederholte Rückkehr-Aventürnn zu Yseult >Blondhaar' werden mehr und mehr zur Lebensnotwendigkeit für diesen, und um dabei ans Ziel zu gelangen ist er bereit, die ganze Welt herauszufordern. In diesem Zusammenhang wird nicht so sehr der Charakter der Fatalität betont, wie allzu häufig behauptet wird, sondern vielmehr der Charakter magisch bedingten Zwangshandlung bzw. Verpflichtung.

412-8-23

Ein Detail der Thomasschen Ausarbeitung bezieht sich direkt auf den irischen Archetyp, d.h. auf die Geschichte von Diarmaid und Grainne. Als Diarmaid mit Grainne flieht, so gehorcht er lediglich dem Zwang des magischen Zaubers, mit dem diese ihn belegt hat. Zum Vollzug sexueller Vereinigung mit ihr ist es jedoch dabei nicht gekommen. Eines Tages wandert Grainne neben Diarmaid über ein schlammiges Gelände dahin, wobei durch einen ihrer Schritte ausgelöst plötzlich ein Wasserstrahl zwischen ihren Schenkeln emporspritzt.

412-8-22

Bereits in den walisischen Mabinogion kommen zwei Figuren mit dem Namen Essyllt vor (so der walisische Name der Yseult: die französische Graphie Yseult scheint übrigens aus der walisischen abgeleitet zu sein, denn das walisische y wurde als /E/ oder /EU/ (= /Ü/) gesprochen, wobei sich heute nicht exakt entscheiden läßt, ob das walisische Essyllt auch wirklich der ursprüngliche Name der Heldin war). Die eine trägt als Beinamen das qualificativum Essyllt Fyngwen (eine Mutation aus Myngwen), was >mit dem weißen (bzw. blonden) Haar' bedeutet.

412-8-20

Die Vertauschung des Schwertes ist in den französischen Texten ein Zeichen von Marks rührendem Empfinden für die beiden Liebenden, und dies allen seinen Zornesausbrüchen zum Trotz. In einem epischen Text-Fragment walisischer Herkunft (Revue celtique XXXIV, S. 358ff), das der Legende einen recht eigenwilligen Schluß gibt, erfahren wir den wahren Grund für diese Verzeihung bzw.

412-8-19

Der Wald ist ein Äquivalent des Gartens. Zudem stellt er ein weibl. Symbol, genauer: ein Mutter-Symbol dar. In der dt. Ausformung des Stoffes durch G. v. Strassburg ist der Zufluchtsort der Liebenden nicht der Wald von Morois, sondern eine Grotte, deren Gewölbe reich m. Edelsteinen besetzt ist und in deren Mitte sich ein Bett aus Kristall befindet. ... die »Minne-Grotte« und somit symbolisch die Tiefe des weibl. Geschlechtsorgans, der Vagina. Indem Tristan und Ysolt an diesen Ort fliehen, stellen sie d. ursprüngliche Situation des Paradieses wieder her. (In psychoanal.

412-8-18

Aus psychoanalytischer Sicht betrachtet liegt hier ein Fall von Angstübertragung vor, da König Mark der Adoptivvater (und schützende Onkel mütterlicherseits) Tristans und somit Ab-Bild seines Vaters (= seine >Vaterfigur<) ist, während Yseult, die Gattin des Vaters/Onkels einen Mutter-Ersatz darstellt. Tristan und Yseult werden durch das Bild des Vaters auf dem Wasser gestört, da es sich zwischen sie geschoben hat und wenigstens für den betreffenden Augenblick den Vollzug des ehebrecherischen — und sogar inzestuösen — Aktes verhindert.

412-8-17

Ihnen entsprechen die gelos und losengiers der Troubadour-Dichtung: ununterbrochen belauern, beneiden und denunzieren sie die Liebenden. In zahlreichen okzitanischen Dichtungen des Mittelalters werden die Liebenden, die die Nacht im Garten verbringen, ihrerseits von einem Späher beschützt, der die Umgebung überwacht, um ihnen notfalls die Anwesenheit etwaiger Feinde zu melden.

412-8-16

Das Motiv der Holzspäne taucht ebenfalls auf in der irischen Legende von Diarmaid und Grainne, dem Archetyp des Tristan-Stoffes, aber dort verraten die Späne umgekehrt dem König Finn den Zufluchtsort, an dem sich die beiden Liebenden verbergen. In der Erzählung vom Tod des Cüroi gibt Blathnait, Cürois Frau, ihrem Liebhaber Cüchulainn das Signal zu einem Rendezvous, indem sie Milch in einen Bach schüttet.

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