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Das junge >Maultierfräulein< weist den Weg und liefert gleichzeitig die Antwort auf die Frage nach dem Sinn der Quête: es geht darum, ein gefangenes Mädchen zu befreien. Und dieses Mädchen ist nichts anderes als die Souveränität. Jedoch versteht nur Gauvain den Sinn dieser Botschaft, und so erreicht er als Erster das >Château des Merveilles<; daher wird in dieser Fassung der Sage er der wirkliche König des Grals. Peredur dagegen kann in seiner Sturheit und Blindheit nur den endgültigen Akt der Rache erfolgreich ausführen.

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Das ist natürlich Kundrie la Surziere. Wie diese hat sie schwarzes Haar. Daher ist sie eine andere Gestalt der >Kaiserin<, die dem Peredur einen neuen Auftrieb gegeben hat, als er seine eigentliche Aufgabe vergessen zu haben scheint.

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Bei Wolfram heiratet Parzival die Condwiramurs. Nach der walisischen Version erscheint die >Kaiserin< ganz besonders deutlich als vielgestaltig und wandelbar, denn Peredur erkennt sie nicht wieder. Daraus läßt sich folgern, daß sie anschließend in weiteren Verwandlungen auftreten wird und somit auch mit dem Mädchen, mit welchem Peredur drei Wochen gemeinsam verbringt, sowie mit der Ygharat Goldhand identisch ist.

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Diese Szene hat zweifellos einen erotisch-sexuellen, ja geradezu >schlüpfrigen< Charakter. Die Höhle, d.h. die Vagina, befindet sich in der Autre Monde, denn Peredur gelangt erst nach Überqueren eines Flusses dort hin. Anschließend begegnet er der Mutter, der Frau. Er kann jedoch erst dann in die Frau eindringen, nachdem er vorher verschiedene externe Akte erledigt hat: die auf dem Gipfel eines Hügels sitzende >Kaiserin< stellt — honni soit qui mal y pense! — die Clitoris dar.

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Die Höhle ist natürlich ein Vaginasymbol. Es geht Peredur nicht darum, den Vater, der die Vagina bewacht, zu töten (ein Thema, das Freud so hoch schätzt!) sondern es geht ihm, da in dem keltischen Urmythos der Vater keine große Bedeutung hatte, eher darum, den Abscheu zu besiegen, mit dem die männliche Phantasie die Tiefen des weiblichen Sexualorgans bevölkert hat.

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Die Szene mit Ygharat beweist, daß Peredur sich auf der Suche nach der Idealfrau befindet, nach derjenigen, die tausend Gesichter hat und gleichzeitig ein und dieselbe, nämlich die braunhaarige Göttin ist.

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Ein poetisches Bild, das auch in der irischen Sage der Verbannung des Sohns von I’lmech vorkommt. Man beachte wieder die auffällige Rolle des dunklen Haares (das Federkleid des Raben) im Zusammenhang mit der Göttin Morgane/Modron, der Herrin des Rabenschwarms, und mit der Göttin Bobdh/Morrigane, die oft die Gestalt einer Krähe annimmt.

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Der Kampf mit der Hexe von Kaerloyw erinnert an die feindliche Haltung der Kundrie gegenüber Parzival. Und doch ist Kundrie diejenige, die Parzival initiiert, indem sie ihm den Weg zur Gralsburg weist. Andererseits ist hier das keltische Element von besonderem Gewicht, da es sich um eine magisch-kriegerische — und zweifellos auch sexuelle — Initiation des Peredur durch rätselhafte -weibliche Wesen handelt. Vgl. dazu Die Erziehung des Cüchulainn (J.M.: L'Epoqèe celtique d'Irlande. S.

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Das ist die Blancheflor von Chretien und die Condwiramurs von Wolfram. Man wird bemerkt haben, daß sie brünett ist, während die damalige Mode blondgefärbte Haartracht vorschrieb. Hier scheint die Reminiszenz einer braunhaarigen Göttin vorzuliegen, mit anderen Worten einer Gottheit der Finsternis oder der Nacht.

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