412-7-84

Es spielt dabei keine Rolle, daß es sich um zwei Jungfrauen bzw. um die Verdoppelung einer Figur handelt (die in der Queste auch in der Spaltung zwischen dem Fischer-König und dem Roi Mehaigne vorliegt): das Entscheidende dabei ist, daß Peredur wie Perceval/ Parzival in allen Ausformungen des Stoffes zu seinem Onkel mütterlicherseits geht. Dies ist eine deutliche Erinnerung an jene Epoche, als die keltische Gesellschaft noch gynäkokratisch geprägt war, denn hier liegt ein Fall von matrilinearer Erbfolge vor, in der nicht der Ehemann, sondern der Bruder der Ehefrau den Vorrang hat.

412-7-83

Das Motiv des Kelches steht mit dem des Grals in Verbindung. Noch entscheidender ist jedoch, daß der Kelch für Guenievre-Gwenhwyfar bestimmt war. Wenn man sich nämlich an Wolframs Darstellung der entsprechenden Passage anschließt, dann war der Ritter, der den Kelch raubte (ein Pendant zu Meleagant), der Cousin des Königs Artus, der durch diese Geste seiner Forderung nach Herausgabe des Erbes Nachdruck verleihen wollte.

412-7-82

Bei Chretien entwendet Perceval den Ring gewaltsam. Das von dem walisischen Autor beigesteuerte Detail ist deswegen interessant, weil es sich hier dagegen um ein Geschenk seitens einer Frau handelt.

412-7-81

Trotz des Mißtrauens, mit dem fast alle Keltologen dem Peredur deshalb begegnen, weil der Text in der überlieferten Form erst aus dem XIII. Jh. stammt. Rein philologisch gesehen ist der Peredur tatsächlich eine Dichtung des XIII. Jhs. und enthält an vielen Stellen Anlehnungen an Chretien de Troyes. Was man aber nicht weiß, ist etwas, was man auch nicht wissen kann: nämlich ob der Dichter des Peredur direkt den Text von Chretien verwendet hat, oder einen Archetyp, der beiden Texten zugrundeliegt.

412-7-80

Dieses Detail ist ein Beweis dafür, daß die Aventiuren des Perceval der Queste, deren wirklicher Held Galaad ist, von sehr alten heidnischen Überlieferungen abstammen, die den christlichen Dichter in hohem Maß störten.

412-7-79

Diese vierte Fortsetzung enthält eine Fülle von Details, die nur mit Hilfe einer Freudschen Analyse verständlich werden. Nachdem Perceval seinen Namen (d.h. seine Existenz) erfahren hat, möchte er das Bild des verlorenen Paradieses (den Mutterleib) wiederfinden, in dessen Richtung ihn süße Melodien locken (nämlich seine auf einen ödipalen Wunsch fixierte Sinnlichkeit). Dabei bricht er jedoch sein Schwert entzwei.

412-7-78

Das ist eine wenig versteckte Anspielung auf sein eigenes Verhältnis zu seiner Mutter: er ist verantwortlich für ihren Tod und kann die letzten zum Erreichen des Grals nötigen Prüfungen erst dann bestehen, wenn dieser (unbewußte) Mord gesühnt ist. Das erinnert deutlich an den in Irland gebräuchlichen geis.

412-7-76

»Deine Sünde ist schuld daran, denn du hast deine Mutter vor Schmerz in's Grab gebracht.« (Perceval. Nfrz. Übers. L. Foulet. Nizet; Paris 1970, S. 84). »Mein Leiden dagegen hast du verursacht... denn du bist schuld an dem Tod deiner Mutter. Als du gegen ihren Willen von ihr gingst, durchbohrte das Schwert des Schmerzes ihr Herz und daran starb sie.« (Peredur. J. Loth: Mabinogion. Bd. II, S. 65 - 66).

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