412-5-50

In der volkstümlichen Überlieferung heißt es, daß dieses Heiligtum zu Ehren der Großmutter des Erlösers im V. Jahrhundert von König Gradion und dem Hl. Gwenole an der Stelle einer der römischen Mater Casta geweihten Kultstätte gegründet wurde. Dies dürfte kaum überraschen, denn die ganze Umgebung der Bucht von Douarnenez ist übersät von Ruinen aus gallo-römischer Zeit. (J.M. Abgrall: Monuments du Culte de sainte Anne. In: Revue de Bretagne Bd. XXVII, 1902, S. 161).

412-5-47

Bereits ein Jahr danach wurde eine andere Statue der Hl. Anne in Commana (Finistere) gefunden. Man hat den Eindruck, als hätte in dieser Zeit ein geradezu epidemisches >St. Anne-Fieber< geherrscht. Die Entdeckung der Statue von Keranna und ihre Bewertung spielte sich folgendermaßen ab: im Jahre 1625 entdeckte ein Bauer, der kurz zuvor einige Visionen gehabt hatte, eine relativ konturlose Statue, die übrigens von den Kapuzinern von Aury >nachbehandelt< wurde, denn einigen Zeugenaussagen zufolge soll sie zunächst kaum etwas Erkennbares dargestellt haben.

412-5-46

Man könnte natürlich auch auf den Gedanken kommen, in dem Namen Viviane (oder Niniane) und Morgane ebenfalls die ana-Gruppe zu sehen, und dabei von einem alten Gwen-Ana (= >die weiße Anna<) oder Guin-Di-Ana bzw. einem alten Morg-Ana ausgehen. Jedoch läßt die lateinische Form Ganieda ebenso wenig wie die walisische Form Gwendydd des Namens Viviane eine solche Hypothese zu.

412-5-44

Sowohl in Iphigenie in Aulis, wo Iphigenie zunächst das Schicksal eines Menschenopfers erleidet, als auch in Iphigenie in Tauris, wo sie vom Opfer zum Substitut der Göttin (d.h. zur Oberpriesterin der Diana) geworden ist, und dieser nun selbst Menschen —und sogar ihren Bruder — zu opfern hat. (Vgl. Goethes >klassische< Stilisierung des Mythos in seinem Weimarer Drama Iphigenie auf Tauris zum hymnischen Gebet an Menschlichkeit und Gnade — sowie Kleists gewaltige Wiederbelebung des Mythos derskythischen Diana in seiner Penthesilea; Anm. d. Hrsg.).

412-5-42

Auf alle Fälle stammen rig und regena von der indoeuropäischen Wurzel reg- (= REGieren<, >diRIGieren<, >eRIGieren<, >sich ausdehnen<) ab. Vgl. im Sanskrit rnjati (= >er streckt sich<), rju (= >gerade<); griech. öpyidi.- >ich reiche<); lat.regere (= >König sein<, >lenken<); goth. rakjan und dt. sich recken. Aus dem alten keltischen rektu wurde alt-irisch recht (vgl. dt. Recht, rechtens, aufrecht etc.), neu-irisch reacho: alle diese Worte haben die Bedeutung >Gesetz< und >Recht<. Auch das alt-breton. reith und walis. rhaith (vgl.

Seiten