Ein halbes Jahrhundert nach der Annahme des neunzehnten Verfassungszusatzes sind viele der verheißenen oder angedrohten Ereignisse ausgeblieben. Das Goldene Zeitalter ist nicht angebrochen, aber auch das gesellschaftliche Gefüge des Landes wurde nicht zerstört, und ebensowenig gründeten die Frauen eine politische Partei, um nur Frauen in öffentliche Ämter zu wählen.
Die Frauen, die am 10. Januar 1918 die Gallerien des Repräsentantenhauses mit der Hymne »Old Hundfed« auf den Lippen verließen, glaubten, das Ende ihres Kampfes stehe unmittelbar bevor. Sie irrten sich. Es brauchte noch eineinhalb Jahre, bis Mitte 1919, und einen neugewählten Kongreß, um den Wahlrechtszusatz im Senat der Vereinigten Staaten durchzubringen. Die Ratifizierung dauerte weitere vierzehn Monate. Erst im August 1920 war alles erreicht.
Warum brauchten die Frauen dieses Landes so lange, um das Stimmrecht zu erobern? Dreiundfünfzig Jahre vergingen zwischen dem ersten einzelstaatlichen Referendum zum Frauenwahlrecht in Kansas 1867 (von da an datieren die ersten ernsthaften Versuche, das Frauenwahlrecht zu erlangen) bis zur endgültigen Ratifizierung des 19. Zusatzes zur Bundesverfassung im Jahre 1920. Vor allem die letzten zehn Jahre hatten einen raschen gesellschaftlichen Wandel erlebt; der Krieg hatte ihn noch beschleunigt und schließlich alle möglichen Tabus und Einschränkungen Frauen gegenüber nichtig werden lassen.
Im Sommer 1916 stand den Vereinigten Staaten ein Wettkampf um das Präsidentenamt bevor, bei dem das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt wurden. Die Demokraten mit Wilson an der Spitze setzten bei den Wahlen stark auf ihre reformerischen Ansätze, ergänzt durch das Motto: »Er hat uns vor dem Krieg bewahrt«; die Republikaner nominierten Charles Evan Hughes.
Sahen die Jahre von 1896 bis 1910 bezüglich des Frauenwahlrechts eine ununterbrochene »Flaute«, so war die Zeit von 1910 bis 1915 eine widersprüchliche Mischung von Aufbruch, Verwirrung und andauernder Lähmung. Das Wachstum von aufrührerischen, reformfreudigen Fortschrittsparteien in den Staaten des mittleren und fernen Westens hatte eine entscheidende Rolle gespielt für den positiven Ausgang einer Anzahl von Referenden zum Frauenwahlrecht.
Welche Erfolge Frauen an anderen Fronten auch erzielten, unter Suffragetten wurden die Jahre von 1896 bis 1910 »die Flaute« genannt. Kein Bundesstaat wurde für das Frauenwahlrecht dazugewonnen, und nur sechs Referenden wurden abgehalten - drei davon in Oregon, die anderen in Washington, South Dakota und New Hampshire; sie endeten alle mit einer Niederlage. Susan B. Anthonys Zusatz zur Bundesverfassung zugunsten des Frauenwahlrechts schien dem Tode geweiht.
Während der Jahre zwischen 1903 und dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg 1917 erstarkten die ersten Gewerkschaften, die hauptsächlich aus Frauen bestanden. Diese Gewerkschaften sind heute ein fester Bestandteil der amerikanischen Arbeiterbewegung.