In der Geschichte der modernen Hegelrezeptionen und -renaissancen spielen die sogenannten theologischen Jugendschriften eine merkwürdige und oft für das Gesamtverständnis Hegels entscheidende Rolle. Das ist um so auffälliger, als Hegel selbst sie nicht zur Veröffentlichung bestimmt hatte, sondern in einem fragmentarischen und ungeordneten Zustand hinterließ, in den ihr Herausgeber Hermann Nohl eine erste, von chronologischen Gesichtspunkten bestimmte Ordnung gebracht hat.
Was geschah im 18. Jahrhundert? Das von den Theologen errichtete orthodoxe Gebäude ist ins Wanken geraten. Die Selbstverständlichkeit des Menschen, an der Wahrheit seiner selbst, seiner Welt und Gottes teilzuhaben, wird erschüttert. Das durch die Tradition Überlieferte wird, eben weil es durch bloße Tradition überliefert ist, zutiefst fragwürdig und problematisch. Wer erschüttert diese Tradition? Die Aufklärung, durch die gewisse Grundlagen theologischen Denkens, des Denkens, in dem die Wahrheit als Wahrheit ausgesagt und erfaßt wurde, in Frage gestellt worden sind.
In der Gegenwart ist die, mit dem Beginn der Neuzeit ausdrücklich und bewußt einsetzende Grundbewegung der Geschichte als Emanzipation in eine neue Phase eingetreten. Die realen und geschichtlichen Konsequenzen gelungener Emanzipation richten sich kritisch und destruktiv gegen den traditionalen Begriff geschichtlicher Emanzipation ebenso, wie sie den Versuch einer Erneuerung eben dieses Begriffes in der Gegenwart provozieren.