6. Yseult oder die Herrin des Gartens

In seinem Roman Le Rivage des Syrtes führt Julien Gracq seinen Helden in einen jener leicht verwilderten, verwunschenen und heute aus der Mode gekommenen parkartigen Gärten, wie man sie an den verschiedensten Punkten der Stadt verstreut etwa in Orsenna findet. Während der Protagonist nun erwartet, dort keiner Menschenseele zu begegnen und ungestört seinen Meditationen nachgehen zu können, entdeckt er stattdessen genau an jener Stelle, wo sonst nur er, die Arme aufstützend, für gewöhnlich lehnte, ein junges Mädchen.

5. Der Gral oder die Suche nach der Frau

Von allen keltischen oder in einen keltischen Kontext eingegangenen Mythen erwies sich der Gralmythos gewiß als der fruchtbarste, wenn man bedenkt, wie viele >Continuations< (= Fortsetzungen), Varianten und Deutungen er im Laufe der Zeit erfuhr. Man berief sich immer wieder auf den Gral und machte ihn zum schier unerschöpflichen Symbol für alles Mögliche, so daß es fast nichts gibt, was er nicht bedeutet. Das gilt für das Mittelalter ebenso wie für die Moderne. Nachdem die Zisterzienser-Mystik des beginnenden XIII.

4. Der Aufstand des Blüten-Mädchens

Bekanntlich ist die Industriegesellschaft, deren System wir heute unterworfen sind und der wir nicht entrinnen können, was immer wir unternehmen mögen, um sie zu ignorieren oder abzulehnen, die konsequente Folgeerscheinung der paternalistischen Gesellschaft, die zu Beginn der Ackerbaukultur geschaffen wurde und die die Arbeitsteilung sowie die Aufteilung von Macht und Besitz definitiv festsetzte.

3. Die große Königin

Seit Lamartine und seinem poetischen Fund des »Char vaporeux de la reine des ombres» (des >Nebelgefährts der Königin der Schatten<) wurde der Wahl von Benennungen der femme divine, der göttlichen Frau nie mehr besondere Sorgfalt gewidmet: es muß einmal in aller Deutlichkeit gesagt werden, daß die zu ihrer Benennung verwendeten Terminologien häufig zu derart abgegriffenen Klischees degenerierten, daß sie höchstens noch in der Raritätenkabinetten der Banalität unsere Aufmerksamkeit erregen können.

2. Unsere liebe Frau der Nacht - Der Mythos der »Notre-Dame de la Nuit«

Es fällt auf, daß alle Religionen der Welt den Gläubigen weibliche Gottheiten zur Verehrung angeboten haben, und es ist denkbar, daß diese in den frühesten Zeiten innerhalb der Götterhierarchie an der Spitze standen als Mutter-Erde (Terre-Mere) und Mutter-Wasser (Eau-Mere) und in der Folgezeit allmählich zu den Müttern der Götter und schließlich der Menschen wurden.

1. Die Prinzessin auf dem Meeresgrund - Der Mythos der »femme Engloutie»

Texttyp

»Am Anfang schwebten die Elochim über der Urflut« bzw. »... der Geist Gottes über den Wassern«. Wie immer man nun den Plural Elochim (Sing. El) interpretieren mag und wie stark der biblische Urtext im Laufe der Zeit auch abgeändert, erweitert oder verdichtet worden sein mag — dieser Satz der Genesis (bzw. des I. Buchs Mosis) ist zweifellos der Schlüssel zu allen Erklärungen über den Ursprung der Welt und des Lebens.

2. Der juristische Kontext

Auf den ersten Blick scheint sich die keltische Gesellschaft von den gleichzeitig existierenden indoeuropäischen Gesellschaften nicht sonderlich stark zu unterscheiden, vor allem, wenn man sich auf das beschränkt, was die griechischen und römischen Autoren über die gallische Familie überliefert haben. Zufällig sind wir aber über das keltische Recht -- das irische, wie auch das gallische und bretonische — gut informiert, weit besser als über die Geschichte [1] und Mythologie der Kelten.

1. Der historische Kontext

Will man das Verhalten, die Bedeutung und tatsächliche Rolle der Frau in den verschiedenen keltischen Gesellschaften näher untersuchen, so müssen diese zunächst einmal definiert und ihr Verhältnis zu anderen gleichzeitig existierenden Gesellschaften charakterisiert werden. Dabei sind aber auch zeitlich weiter von ihnen entfernte Gesellschaften zu berücksichtigen, die in bestimmten Fällen erkennbar keltische Einflüsse bewahrt haben könnten.

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