Ich will in diesem Teil mein Gedankenexperiment: die matriarchale Kunst-Utopie, nach dem Verständnis für die Ansätze zur matriarchalen Kunst bei Künstlerinnen heute und den Erfahrungen, die wir daraus gewonnen haben, in einer konkreten, anschaulichen Beschreibung ausführen. Es liegt mir daran, den vollen Gehalt des Ritus dabei in eine neue matriarchale Kunst einzufügen. Denn nicht jeder Bewegungsablauf, nicht jede symbolische Aktion, wie rituell auch immer gemeint, ist schon ein matriarchales Ritual.
Auf dem Hintergrund meiner Studien zur matriarchalen Mythologie[2] möchte ich eine neue Perspektive zur Kunst und Kunsttheorie entwickeln.
»Am Anfang war Eurynome, die Göttin aller Dinge. Nackt erhob sie sich aus dem Chaos. Aber sie fand nichts Festes, worauf sie ihre Füße setzen konnte. Sie trennte daher das Meer vom Himmel und tanzte einsam auf seinen Wellen. Sie tanzte gen Süden, und hinter ihr erhob sich der Wind. Sie wandte sich um und erfaßte den Nordwind und rieb ihn zwischen ihren Händen. Da war es Ophion, die große Schlange.
Eurynome tanzte wild und immer wilder, bis sich Ophion um ihre göttlichen Glieder schwang und sich mit ihr paarte. So wurde sie vom Nordwind schwanger.
Ein Staat, in dem der Grundsatz gilt: jedermann hat ein Recht auf Arbeit, hat auch die Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Ausübung dieses Rechts allen Gliedern des Volkes - also auch den Frauen - möglich ist und daß die Ausübung ihnen keine Gefahren bringt.
(...)
Im Haus sind die Kinder, im Betrieb ist die
Arbeit. Was anderes soll sie tun, als sich
abrackern? Nachzudenken, woher sie kommen
und wohin sie gehen, sind die Frauen an
den schönen Abenden zu erschöpft.
BERTOLT BRECHT
* Vortrag, gehalten im Verein für erweiterte Mädchenbildung am 12. März 1902
Männerlöhne sind Familienlöhne, Frauenlöhne
persönliche. Wirkung: die proletarische
Ehefrau wird die Sklavin eines Sklaven; und
Entstehung der Annahme, daß der Mann der
Brotverdiener, daß die Hausarbeit der Frau,
offenbar unentgeltlich, überhaupt keine Arbeit
sei; daß Frauen, wenn sie für ihre Arbeit unmittelbar
bezahlt werden, schlechter bezahlt
werden sollen als Männer.
BERNARD SHAW