Als der Volkskundler Wilhelm Heinrich Riehl um die Mitte des 19.Jahrhunderts ein Buch über "die Familie" schrieb [1], stellte er grundsätzliche Überlegungen über die Differenz der Geschlechter an den Anfang. Die Ungleichheit "zwischen Weib und Mann" erklärte er zu einem "Naturgesetz", aus dem die "ungleichartige Gliederung der bürgerlichen und politischen Gesellschaft" "naturnotwendig" hervorgehe.
Radikale Mutterschaft. Sicher ist es ein Maßstab für den Grad der Unterwerfung der Frau, daß dieser Begriff wie ein Widerspruch in sich klingt. Zur Praxis der Mutterschaft gehört legitime Macht - Macht über die frühkindliche Sozialisation und lebenslanger Einfluß auf die eigenen Kinder. Jede einzelne Kultur wird von Frauen vermittelt, das heißt, die Entwicklung wenn schon nicht die Ziele - der fundamentalen sozialen Zusammenhänge liegt unangefochten in den Händen von Frauen.
Als wir diese Studie begannen, erwarteten wir zwar, daß junge Männer in ihrer Eigenschaft als Kinder unsere Parteilichkeit gewinnen würden. Doch wir hätten nicht damit gerechnet, daß gerade auch ihre Junge Männlichkeit uns so viel Anlaß zu Empathie bieten würde. Männlich, das gilt als Privileg, das sich als sehr teuer erkauft und sehr fragwürdig erwies.
Und wir, die Autorinnen,
wie bewähren sich unsere theoretischen Modelle
in der Praxis? Eigentlich ist wieder alles ganz anders.Aus Überlegungen im letzten Kapitel wollen wir uns nicht ausnehmen, denn mit unseren Söhnen traten diese Fragen auch in unser Leben.
Feministische Mütter: Nun dürfen sie ja endlich beweisen,
wie Söhne zu aufmerksamen, liebevollen und
selbstbewußten Männern erzogen werden können.
Robin, Letty und Susan sind unterschiedliche Wege gegangen,
und noch können ihre »Produkte« sich sehen lassen.
Hinter der Fassade moderner Schulgebäude
herrschen die Gesetze des Dschungels.
Da, wird geschlagen, getreten, gedroht,
da wird unterworfen und triumphiert.
Systematisch werden empfindsame Jungenseelen
auf Härte und Roheit trainiert - und so auf den
Überlebenskampf draußen in der Welt vorbereitet.
In Südafrika ist die Apartheid abgeschafft,
nicht aber in unseren Kinderzimmern.
Mädchen sind langweilig und spielen
mit Puppen aber bloß nicht mit Jungen.
Jungen sind abenteuerlustig und spielen
mit Autos aber bloß nicht mit Mädchen.
Ein Naturgesetz?Wollt ihr wissen, wollt ihr wissen
wie's die kleinen Mädchen machen
Püppchen wiegen, Püppchen wiegen
alles dreht sich herum.
Frauen und Kinder - ihre Situation in der patriarchalen Welt hat viel gemeinsam.
Auf dunklen Straßen ist es gefährlich,
sie kommen selten zu Wort,
sie werden nicht ernstgenommen und
haben häufig unter Gewalt zu leiden.
Autorität und Gehorsam, sind das heute noch brauchbare Werte?